Vogtshof in Rottweil-Bühlingen Eckhofstrasse 14
Im Dreißigjährigen Krieg war Bühlingen schon 1635 weitgehend zerstört. Es ist anzunehmen, dass der Hof des Vogts des über Kloster St. Georgen an das Herzogtum Württemberg gekommenen Dorfes vergleichsweise früh wieder aufgebaut wurde, genossen doch die Dorfvögte als örtliche Vertreter der Obrigkeit und als Sprecher von Bauern und Tagelöhner im jeweiligen Untertanendorf besonderes Ansehen und wurden gewöhnlich aus der vermögendsten Gruppe der Bauern ausgewählt. Allem Anschein nach war das noch ungeteilte Gebäude Eckhofstrasse 14 der Böhlinger Vogtshof, dessen Besitzergeschichte seit Hans Martin Angst in den letzten Jahren des Dreißigjährigen Krieges bis heute belegt werden kann. Es ist denkbar, dass der wiederaufgebaute Hof im 18. Jahrhundert baulich weiter verbessert wurde.
Der Hof steht für den früher rings um Rottweil ziemlich verbreiteten Typ des "gestelzten Einhauses". Er bestand bis auf den gewölbten, aus sorgfältig behauenen Quadern errichteten Keller ursprünglich aus einer Zimmermannskonstruktion in Ständer-Bohlen-Bauweise, auch wenn zur Brandverhütung oder in Nachahmung städtischer Bauformen die Vollgeschosse später vorgemauert wurden. So gehört die Ständer-Bohlen-Wand mit verblatteten Kopfbügen in der Scheuer zum zweiten Hofteil hin mit ihren geschweiften Bügen unter dem Tor eindeutig zu diesem Baubestand. Gleiches gilt für die Stube im ersten Obergeschoss, deren Fensterband in der Tradition des alemannischen Hauses über Eck gezogen ist und in der ursprünglichen Gliederung wiederhergestellt wurde. Hier und im Bereich des Südgiebels blieb auch das Zierfachwerk erhalten oder sanierbar, wobei im Giebel insgesamt drei Rautenfelder und neben den einfachen Diagonalstreben einige geschwungene Elemente auffallen. Ein gutes Zeugnis für die am Bau beteiligten Zimmerleute stellt auch der Dachstuhl aus, der über dem Wohnteil stehend, über dem Scheuerteil liegend ausgebildet wurde.
Die Stube an der Südostecke des Hauses erinnert mit ihrer gut gearbeiteten Kassettendecke mit profilierten Deckleisten an ähnliche Stubendecken in barocken Rottweiler Bürgerhäusern. An den Wänden war das Barocktäfer erhalten, das jetzt dem Fenstererker angepasst wurde; in den Eckpfosten fand sich eine Nische eingetieft, die wohl im Zusammenhang mit dem dort befindlichen Herrgottswinkel zu sehen ist. An den Bretttüren ist der Fries aufgedoppelt. Stube und Küche sind durch eine massive Ofenwand getrennt. Im Dachstuhl sind noch zwei Fruchtkammern im Originalzustand vorhanden. Das Gebäude, dessen Sanierung seit 1983 mit viel Einsatzbereitschaft und Sachverstand betrieben wird, wurde als der wohl älteste, erhaltene Profanbau in Bühlingen und im Hinblick auf seine bau- und heimatgeschichtliche Bedeutung zum eingetragenen Kulturdenkmal nach §12 des baden-württembergischen Denkmalschutzgesetzes erklärt.
Lit.: F. Herkommer, Heimatgeschichte Bühlingen. Rottweil 1935